Altstadtführung in der Modellstadt Alsfeld
Verwinkelte Gassen und Fachwerkhäuser in allen Farben und Arten – das bietet Alsfeld. Seit 1975 darf die Stadt wegen der gut erhaltenen und vorbildlich sanierten historischen Bausubstanz den Titel „Europäische Modellstadt“ führen. Wer etwas über das mittelalterliche Hessen und die Fachwerkkunst lernen möchte, sollte an einer offenen Altstadtführung teilnehmen. Mit der RheinMainCard bekommen Sie dabei 20% Rabatt.
Auftakt im historischen Rathaus
Pünktlich zur vollen Stunde wird die Stadtführung mit „Die Gedanken sind frei“ auf dem Marktplatz eingeläutet. Das Glockenspiel in der nahegelegenen Walpurgiskirche begleitet die Teilnehmer ins Rathaus. „Passen Sie auf den Kopf auf“, rät Andreas Weber, der diensthabende Stadtführer und schon geht es die knarzende Holzwendeltreppe hoch – vorbei am Bürgermeisterbüro, das früher den einzigen Saal zum Weintrinken in der ganzen Stadt beherbergte.
Wein und Gesetz
"Früher" heißt im Mittelalter, also zur Blütezeit von Alsfeld. Damals lag die Stadt an einer bedeutenden Handelsstraße, die von Frankfurt nach Leipzig führte, und das brachte Geld ein. Zu sehen ist das im prächtig, wenn auch nicht mehr original, ausgemalten Inneren des Rathauses und an einer 400 Jahre alten Holztür mit Einlegearbeiten. Die verewigte Justitia erinnert noch an den ursprünglichen Zweck des Raumes neben dem Sitzungssaal: Hier wurde Gericht gehalten. Jetzt werden hier Ehen geschlossen.
Heute wird der ehemalige Gerichtssaal als Standesamt genutzt.
Die Fenster im Rathaus.
Über die moderne Wendeltreppe geht es hinauf ins Büro des Ersten Stadtrates.
Mittelalterliche Baukunst
Am Marktplatz, gleich neben dem Rathaus, steht das älteste Fachwerkgebäude: Markt 2. „Die Balken reichen vom Fundament bis zum Dach. Das nennt man Ständerbauweise“, erläutert der Stadtführer und gibt gleich einen Tipp: „Wenn man schwer die verschiedenen Stockwerke erkennen kann, dann ist das Gebäude vor 1500 errichtet." Und noch etwas kann man lernen: „Je älter das Gebäude ist, desto stärker ragen die Stockwerke in die Straße hinein.“ Später nahmen die Bauherren von diesem Steuersparmodell – es wurde nur die Grundfläche am Boden zur Besteuerung herangezogen – Abstand.
Farben und Formen
Wer Geld hatte, der zeigte es mit seinem Haus, wie etwa der Bäckermeister Stumpf: „Es ist das am reichhaltigsten verzierte Haus in Alsfeld“ und steht auch am Marktplatz. Geschnitzte Eckpfosten, ein monumentales Schriftband und der Bäcker als Figur zieren in bunten Farben das Fachwerk. Schräg gegenüber, in der Rittergasse, zeigt der Stadtführer das einzige Bürgerhaus in Steinbauweise und mit barocken Stilformen, das der Familie Minnigerode gehörte. Auch hier wurde auf bunte Details geachtet.
An der Ecke „Am Kreuz“ zur Unteren Fulder Gasse verstehen die Besucher beim Blick auf das durchgebogene Eckhaus, was Fachwerk auch heißt: „Es ist nicht immer schnurgerade gebaut worden, denn es sind nicht immer nur gerade Balken verwendet worden.“ Auch hierbei ging es wieder ums Geld.

(© rms GmbH)
Protestantische Spuren
In Alsfeld können die Besucher auch auf den Spuren Luthers wandeln. Er war der Doktorvater des Augustinermönchs Tilemann Schnabel, der in Alsfeld für die Reformation eintrat. Architekturgeschichtlich interessant ist die protestantische Walpurgiskirche. In ihrem Inneren lassen sich Spuren der verschiedenen Bauphasen und Erweiterungen von der Gotik bis ins Barock entdecken. Und es gibt, wie Andreas Weber weiß, neben der geschnitzten Kanzel noch einen besonderen Schatz: „Absolutes Highlight ist das gut 1000 Jahre alte Taufbecken“.
Lebendige Geschichte
Bei der Stadtführung geht es aber nicht nur um Architekturgeschichte, sondern auch um das historische Leben in all seinen Facetten. Am Pranger tauchen die Besucher ein in die Welt des Betrugs, am Weinhaus bekommt die Redewendung „Etwas auf dem Kerbholz haben“ ihre Ursprungsbedeutung, beim Hochzeitshaus wird die Festkultur illustriert und am „schönsten Platz von Alsfeld“, dem Grabbrunnen, erfahren die Besucher, wie die Weber gearbeitet haben. Mit ein bisschen Glück ist in der Stadt auch eine märchenhafte Begegnung möglich: Alsfeld liegt an der Deutschen Märchenstraße und wartet mit einem Märchenhaus auf, aus dem öfter Rotkäppchen zu einem Stadtrundgang spaziert.
Klassische Altstadtführung
Die offene Altstadtführung findet jeden Samstag um 11:00 Uhr statt.
Weitere Infos gibt es unter www.alsfeld.de/touristik-info/offene-stadtfuehrungen/
Weitere Impressionen

Das Weinhaus (rechts) war eines der wichtigsten Gebäude in der Stadt. Nur hier durfte Wein ausgeschenkt werden.
(© rms GmbH)

Das Minnigerode-Haus wurde 1687 als Patrizierhaus erbaut und ist das einzige in Steinbauweise. Heute gehört es zum Regionalmuseum.
(© rms GmbH)

Das Neurath-Haus mit seiner breiten Toreinfahrt zur rückwärts gelegenen Scheune grenzt an das Minnigerode-Haus und ist heute Teil des Regionalmuseums.
(© rms GmbH)
Alsfeld: Stadt der Märchen und Fachwerkbauten
Kontakt
